Gelsenkirchen/Essen/Bochum. Spezialeinheiten stürmen Flüchtlingsunterkunft und Wohnhäuser in Essen, Gelsenkirchen, Bochum. Ziel: Ein irakisch-kurdisches Schleuser-Netzwerk.
Hunderte Bundespolizisten sind seit frühem Mittwochmorgen (4. Dezember) unter anderem in Essen, Gelsenkirchen und Bochum gegen ein großes Schleuser-Netzwerk im Einsatz, das Migranten nach Europa schmuggeln soll. Die Bundespolizei bestätigte gegenüber dieser Redaktion, dass es seit Mittwochmorgen einen Einsatz gibt. Die „BILD“ hatte zuerst berichtet.
Dem „BILD“-Bericht nach ist die Antiterroreinheit GSG9 im Einsatz und stürmte mehrere Mehrfamilienhäuser, Lagerhallen und eine Flüchtlingsunterkunft. Diese befindet sich nach Informationen dieser Redaktion in Altenessen-Süd. Im Übergangswohnheim an der Essener Hülsenbruchstraße (ehemalige Boecker-Hauptverwaltung) hat es Durchsuchungen gegeben. Hier ist für 200 Menschen Platz, belegt sind aktuell 72 Plätze. Auf Nachfrage war dort bislang niemand zu erreichen.
Die Polizeieinheiten hatten nach Informationen dieser Redaktion auch ein unscheinbares Mehrfamilienhaus im Gelsenkirchener Stadtteil Bulmke-Hüllen im Visier. Der Zugriff erfolgte demnach am frühen Morgen in einem Gebäude an der Hildegardstraße. Bisher ist der Redaktion noch nicht bekannt, ob dort Personen festgenommen oder Beweise sichergestellt wurden.
Eine Nachbarin berichtete einem WAZ-Reporter, dass die Einsatzkräfte drei Wohnungen des Hauses mit der Nummer 25 durchsucht hätten.
Wie die „Deutsche Presse Agentur“ vermeldet, soll es sich um ein irakisch-kurdisches Schleuser-Netzwerk handeln. Die gesuchten Tatverdächtigen sollen Migranten aus dem Mittleren Osten und Ostafrika „in kleinen minderwertigen Schlauchbooten“ von Frankreich nach Großbritannien geschleust haben. Die Ermittlungen werden einer Sprecherin der Bundespolizei zufolge von Frankreich geleitet. Die Bundespolizei in NRW sei gebeten, hier mehr als zehn europäische Haftbefehle zu vollstrecken – „soweit wir die Leute antreffen“. Dabei gehe es sowohl um Drahtzieher als auch einfache Mitglieder des Netzwerks.
Der Großeinsatz wird demnach von den europäischen Behörden Europol und Eurojust koordiniert. In ihrer offiziellen Pressemitteilung teilte die Bundespolizei Sankt Augustin gegen 10 Uhr mit, dass über 20 französische Ermittler und drei Europol-Experten im Einsatz sind, um die operativen Aktivitäten vor Ort zu unterstützen. „Diese Operation, die im Rahmen einer eigenen operativen Europol-Taskforce koordiniert wird, folgt auf eine frühere erfolgreiche Untersuchung Belgiens, Frankreichs und Deutschlands gegen ein anderes kriminelles Netzwerk, die im Februar zur Festnahme von 19 mutmaßlichen Schleusern führte“, heißt es. Weitere Details von Europol soll es am 5. Dezember geben.
NRW-Innenminister Herbert Reul teilt indes am Mittwochvormittag auf Nachfrage mit: „Mit der Not von Menschen Geschäfte zu machen, ist nicht nur kriminell, sondern schäbig. Diese Leute haben fürs große Geld ganz bewusst Menschenleben gefährdet. Ich bin froh, dass damit jetzt Schluss ist.“ Der Bundespolizei sei zusammen mit internationaler Unterstützung „ein ganz wichtiger Schlag gegen eine Schleuser-Riege gelungen“, so Reul. „Daran sehen wir, auch in Flüchtlingsunterkünften können sich diese Täter nicht verstecken.“
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