Gelsenkirchen. In der Emscher-Lippe-Region stehen 13.000 Familienbetriebe vor der Frage, wer einmal das Sagen haben soll. Haupthindernis: wachsende Bürokratie.
In der Emscher-Lippe-Region stehen 13.000 eigentümergeführte Familienbetriebe mit rund 60.000 Beschäftigten in den nächsten zehn Jahren vor der Frage, wer an die Unternehmensspitze rückt. „Wir brauchen jetzt mehr Mut zur Selbstständigkeit und gleichzeitig mehr Wertschätzung für unternehmerisches Handeln“, unterstreicht Sven Wolf, Geschäftsbereichsleiter Unternehmensförderung und Weiterbildung der IHK Nord Westfalen, bei der Vorstellung der Zahlen im Nachfolgereport NRW für die Emscher-Lippe-Region. Denn: Im Vergleich zur Erhebung vor fünf Jahren hat sich die Lage weiter zugespitzt.
Nach Berechnungen im Auftrag der IHK liegt die Zahl der übergabereifen Unternehmen aktuell um 1.000 höher als noch 2019. Nahezu jeder zweite Inhaber ist inzwischen älter als 55 Jahre. „Besonders hoch ist der Druck bei den knapp 8.000 Betrieben, deren Inhaberinnen und Inhaber 60 Jahre oder älter sind“, so Wolf.
Mehr als die Hälfte der Befragten sehen die stetig wachsende Bürokratie als Hauptverzögerungsfaktor. Bei 39 Prozent hemmt der Fachkräftemangel den Generationsübergang. Viele Unternehmen klagen zudem, dass wirtschaftliche Unsicherheiten, etwa durch aktuelle Krisen oder hohe Energiekosten, langfristig angelegtes unternehmerisches Engagement erschweren. „Dies alles zeigt den dringenden Handlungsbedarf der Politik. Bürokratische Hemmnisse müssen identifiziert und abgebaut werden, zudem braucht Wertschöpfung wieder mehr Wertschätzung“, so Wolf.
Besonders besorgt ist er darüber, dass zwölf Prozent der Inhaberinnen und Inhaber ihre Unternehmen übergeben wollen, weil ihre Motivation nachgelassen hat. Zehn Prozent sind sogar überzeugt, dass eine Stilllegung oder Liquidation des Unternehmens unumgänglich sein wird. „Wir können es uns aber nicht leisten, Unternehmen zu verlieren, weil die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen einfach keine Lust mehr auf Selbstständigkeit machen“, warnt Wolf.
Die rechtzeitige und professionelle Planung sei ein entscheidender Erfolgsfaktor für das Gelingen der Nachfolgeregelung. Ab einem Alter von 55 Jahren sollte die abgebende Generation beginnen, die Übergabe zu planen, rät Wolf. Fünf bis zehn Jahre Vorbereitungszeit seien keine Seltenheit.
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Wolf ist überzeugt, dass es „in den kommenden Jahren schwieriger sein wird, das Unternehmen in gute Hände zu geben“. Denn die klassischen Gründerjahrgänge der 25- bis 45-Jährigen schrumpften und die frühere Selbstverständlichkeit einer familieninternen Übernahme durch Tochter oder Sohn existiere nicht mehr. „Nur noch 40 Prozent der Unternehmer planen, ihren Betrieb innerhalb der Familie zu übergeben“, so Wolf.
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