Ehepaar renoviert Altbau von 1912: „Würden es wieder machen“ – WAZ News


Oberhausen. Zwei Eheleute verlieben sich in einen Oberhausener Altbau. Mit viel Liebe zum Detail renovieren sie das Haus. Heute ist es denkmalgeschützt.
Das Wohnhaus an der Bismarckstraße 37 in Oberhausen ist mehr als nur ein Gebäude – es ist ein Symbol für Baukultur und den behutsamen Umgang mit historischem Erbe. In diesem Jahr wurde das Haus mit der Auszeichnung „Baukultur Oberhausen“ geehrt. Doch hinter der Würdigung steht die außergewöhnliche Leistung seiner Besitzer, Susanne und Daniel Schulz, die dem Gebäude über zwei Jahrzehnte hinweg seinen Charme, ja seine Seele, zurückgegeben haben.
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Daniel und Susanne Schulz waren Anfang dreißig und wohnten in einer Mietwohnung in Essen, als sie im November 2001 zum ersten Mal das Haus an der Bismarckstraße betraten. Die beiden Physiotherapeuten waren auf der Suche nach einem Haus und es kam nur ein Altbau infrage, denn „wir sind Altbau-Menschen“, sagt Daniel Schulz. Eines Tages brachte Daniels Praxis-Partner die Idee eines „schönen Hauses“ ins Spiel – mit einem Haken, den er nicht verschwieg: „Aber in Oberhausen!“ Doch die Wohnfläche von 260 Quadratmetern und der 900 Quadratmeter große Garten mitten in der Stadt waren ein starkes Argument für einen Blick in die Nachbarstadt, von der sie bislang die Turbinenhalle und das Centro kannten.
Und dann geschah etwas Unerwartetes: Sie verliebten sich auf den ersten Blick in das Haus und den riesigen Garten. Und das, obwohl beides damals in keinem guten Zustand war; der Vorbesitzer war in einfache Lösungen verliebt und hatte Verschlimmbesserungen vorgenommen wie abgehängte Decken und Betonflächen im Garten. Das Gegenteil einer wertschätzenden Baukultur, schließlich ist das Haus von 1912 ein Beispiel – so nennen Experten es – der „Reformarchitektur“, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts in Oberhausen zeigte. Der Stil verband schlichte Eleganz, hochwertige Handwerkskunst und eine bewusste Abkehr von überladenen historischen Baustilen. Eine solche eher funktionale Ästhetik war die Idee des Erbauers Julius Lauth (1875 bis 1953), der zunächst als Leiter des kaufmännischen Büros bei den Deutschen Babcock & Wilcox Dampfkesselwerken arbeitete und später zum Prokuristen aufstieg.
Die drei Preisträger der Auszeichnung Baukultur 2024 sind jeweils in einem kurzen Video zu sehen:
1. Wohnhaus an der Bismarckstraße 37: Das 1912 erbaute Wohnhaus wurde für die behutsame Restaurierung durch die Eigentümer ausgezeichnet, die den historischen Charakter des reformarchitektonischen Gebäudes bewahrten. (YouTube: https://youtu.be/sL-GOnC6B6g)
2. Gemeindezentrum der evangelischen Auferstehungskirchengemeinde in Osterfeld: Der moderne Anbau erhielt die Auszeichnung für seine harmonische Integration in die neugotische Kirche, ohne dabei seine eigene Entstehungszeit zu verleugnen. (YouTube: https://youtu.be/3zl22haZ_14)
3. Schalendach im Industriearchäologischen Park der St. Antony-Hütte: Die Kuppelkonstruktion aus Stahl wurde für ihre innovative Ingenieursleistung gewürdigt, die historische Industriearchitektur auf beeindruckende Weise schützt und inszeniert. (YouTube: https://youtu.be/859PXbHyjFM)
„Ich wollte das Haus so ausbauen, wie es ursprünglich aussah“, beschreibt Daniel Schulz seine Motivation, sich jedem Detail zu widmen. Das Ehepaar arbeitete akribisch, um die historische Substanz wiederherzustellen, wobei ihnen alte Baupläne und die vorhandenen Elemente als Vorlage dienten. Die originalen mehrfarbigen Bleiglasfenster aus der Bauzeit von 1912 wurden sorgfältig restauriert, ein „Teehaus“ im Garten mit seiner holzgetäfelten Wand, integrierter Sitzbank und historischen Holzdielen wurde liebevoll instandgesetzt und nahezu vollständig im Originalzustand bewahrt. Sockelleisten, gevoutete Decken, Fensterbänke, Keramikwaschbecken – all das zeugt von der Vision, dem Haus seinen ursprünglichen Charakter zurückzugeben. Warum? „Früher wurde einfach wertiger und schöner gebaut“, sagt Daniel Schulz, dessen Faszination für das Gebäude spürbar ist. Dabei sind die Eheleute keinesfalls Handwerker und begnügen sich mit kleineren Arbeiten, die eigentliche Renovierung überlassen sie den Profis.
Trotz der Warnung des inzwischen verstorbenen Architekten Wolf-Dieter Thien, Susannes Vater, der das Haus schon damals als „Fass ohne Boden“ bezeichnete, unterstützte er die Renovierung und hätte sich über die Baukultur-Auszeichnung gefreut, da ist sich seine Tochter sicher. Mit dem Blick zurück, müssen Susanne und Daniel Schulz nicht überlegen: „Wir würden es sofort wieder machen“, sagen sie.
Neben den baulichen Herausforderungen entwickelte sich das Haus schnell zu einem Lebensmittelpunkt für die ganze Familie. Die Schulzes zogen mit ihren beiden kleinen Kindern Jan und Klara ein, die im Marienviertel aufwuchsen. „Der Kindergarten und die Schule waren fußläufig zu erreichen, und unser Haus war immer voller Leben“, erzählt Susanne Schulz. Freunde, Nachbarn und Kinder gaben dem Gebäude eine ganz eigene Dynamik: „Hunde, Schildkröten, Katzen und sogar Hühner – hier war immer etwas los.“ Das Marienviertel mit der Nähe zu Freunden und der OTHC als Sportverein trugen dazu bei, dass die Familie ihre Entscheidung, nach Oberhausen zu ziehen, nie bereute.
Heute ist das Haus ein eingetragenes Denkmal und ein Aushängeschild für Oberhausener Baukultur. Doch für die Schulzes ist es vor allem ein Zuhause. „Ich frage meine Patienten oft, ob sie eine Oase haben, in der sie sich wohlfühlen“, erzählt Daniel Schulz, „für uns ist diese Oase unser Haus.“
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